Donnerstag, 17. Dezember 2009

Sauberer Strom vom Dach lohnt sich

Artikelserie "Klimaschutz im Landkreis Verden" der Verdener Nachrichten, von Johannes Heeg

"Verden. Bei der Weltklimakonferenz in Kopenhagen wird in diesen Tagen viel geredet. Weil Klimaschutz aber ohne Taten nicht funktioniert, haben wir uns in der Region umgesehen und mit Menschen gesprochen, die etwas in diesem Sinne tun. Das Thema heute: Photovoltaik.

Die Sonne anzapfen, um die Energie ihrer Strahlung direkt in Strom umzuwandeln - diese Idee findet auch im Landkreis Verden immer mehr Anhänger. Harm Kruse, Milchbauer aus Holtum-Geest, betreibt seit April 2007 ein 25-Kilowatt-Sonnenkraftwerk auf den Dächern seiner Stallgebäude. Rund 100000 Euro hat der 37-Jährige dafür investiert, 80 Prozent davon über ein Darlehen bei der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), für das er weniger als zwei Prozent Zinsen zahlt. Die Stromernte betrage rund 22500 Kilowattstunden im Jahr, so Kruse, der zwei Argumente für sein Engagement nennt: 'Ich tue etwas für die Umwelt und verdiene dabei noch Geld.' Die Verzinsung des eingesetzten Kapitals sei höher als wenn er das Geld bei der Bank anlegen würde. 2007 sei er der zweite Landwirt im Ort gewesen, der sich eine große Photovoltaikanlage aufs Dach gesetzt hat. Mittlerweile hätten vier weitere Berufskollegen nachgezogen, mit zum Teil noch leistungsstärkeren Anlagen.

100000 Euro investieren will auch die Bürgersolar-Kirchlinteln GbR. 22 Gesellschafter sind mit Anteilen ab 1000 Euro dabei. Weil die Preise für die Module ständig fallen, reicht das Geld nun sogar für eine Leistung von 33 Kilowatt, sagt Henk Dohle, einer der Geschäftsführer und Initiatoren des Projekts. Die bereits zweite Bürgersolar-Anlage in Kirchlinteln - die erste wurde auf einem Dach von Landwirt Joachim Köhler installiert - soll bis April 2010 auf dem Dach des Kirchlintler Schulzentrum aufgebaut werden und in zehn Jahren ihre Kosten wieder eingespielt haben. In der Schule wird ein Display Schüler und Lehrer ständig über die Menge des erzeugten sauberen Stroms informieren. 'Die Schule hat schon zugesagt, dass die Photovoltaikanlage auch in den Unterricht eingebaut wird', so Dohle. Ausdrücklich lobt er die Gemeinde Kirchlinteln, die das Projekt in jeder Form unterstütze: 'Das Dach der Schule wird uns kostenlos zur Verfügung gestellt.'

Solarenergie sei eine saubere und kostenlose Energie, heißt es im Internetauftritt der Solarinitiative unter www.buergersolar-kirchlinteln.de. Die Energie zur Herstellung einer Photovoltaikanlage sei nach etwa fünf Jahren erwirtschaftet. Danach liefere die Solaranlage reine Energiegewinne. Solarstromanlagen rentierten sich auch finanziell, sie seien technisch ausgereift, hätten eine lange Lebensdauer und stellten eine erhebliche Wertsteigerung ihrer Trägergebäude dar.

Solaranlagen stünden für Lebensqualität und zeigten Umweltbewusstsein. Eine Zwei-Kilowatt-Anlage fürs private Wohnhaus erzeuge etwa 36000 Kilowattstunden Strom in 20 Jahren und erspare der Umwelt in dieser Zeit rund 27000 Kilo CO2-Emissionen. 11000 Liter Öl würden dabei gespart.

'VerSolar' heißt ein Bürger-Solar-Projekt der Stadtwerke Verden, das nach einem anderen Prinzip funktioniert. 78 Bürger haben den Stadtwerken Darlehen gegeben, die je nach Laufzeit mit 3,5 Prozent (fünf Jahre) oder 3,9 Prozent (zehn Jahre) verzinst werden. Die Stückelung beträgt 250 Euro. Mit dem Geld haben die Stadtwerke bis jetzt sieben Photovoltaikanlagen auf Verdener Kindergärten und Schulen errichtet. Letztes Projekt für dieses Jahr ist das Sonnenkraftwerk auf dem Dach der neuen Sporthalle in Verden-Walle mit einer Leistung von 45 Kilowatt. 'Die Gesamtleistung unserer Photovoltaik-Anlagen beträgt damit 210 Kilowattstunden', bilanziert der technische Leiter Rainer Heitmann. Dies entspreche einer Ersparnis an klimaschädlichen CO2-Emissionen von 123 Tonnen im Jahr.

Das 2008 gestartete 'Sparbuch mit Umweltnutzen' sei zwar schleppend angelaufen, habe aber mit Beginn der Weltfinanzkrise plötzlich großen Zulauf bekommen. 'Unsere Zinsen waren dann plötzlich attraktiv', meint Heitmann. Außerdem genössen die Stadtwerke offenbar das Vertrauen der Anleger. Weil bereits Anfang Dezember die angestrebte Darlehenssumme von rund 700000 Euro erreicht worden sei, hätten die Stadtwerke das Projekt früher als erwartet geschlossen. Ob es eine zweite Auflage der VerSolar-Bürgerbeteiligung geben wird, werde das kommunale Versorgungsunternehmen zu Beginn des neuen Jahres entscheiden.

Daniel Schmitz aus Stedebergen hat mit großen und kleinen Photovoltaikanlagen zu tun. Auf dem Dach seines Hauses betreibt der 33-jährige Elektro-Installateur-Meister eine Zwei-Kilowatt-Anlage, die er demnächst auf vier kW vergrößern will. Nächstes Jahr will er zusammen mit Freunden auf zwei Scheunendächern in Hütthof bei Visselhövede ein Kraftwerk mit 60 bis 80 Kilowatt bauen, und für seinen Arbeitgeber plant er in Salzwedel in ganz anderen Dimensionen. Dort geht es um eine Freiflächenanlage mit einer Leistung von 2000 Kilowatt, die 50000 Quadratmeter einnehmen wird.

Diese Art der Stromerzeugung müsste viel mehr Verbreitung finden, meint Schmitz. Leider seien die Behörden nach der jüngsten Bundestagswahl restriktiver geworden, was die Genehmigungspraxis angehe. 'Ich wünsche mir da schon mehr Unterstützung.' Gar nicht verstehen könne er, warum die Atomkraft immer wieder als CO2-freie Energieform dargestellt werde. 'Beim Bau der Kraftwerke wird sehr viel CO2 freigesetzt, und erst recht bei der Demontage. Dasselbe gilt für die Gewinnung des Urans', meint er.

Daher setze er lieber auf Wind- und Solaranlagen. 'Die brauchen für ihren Betrieb keine Primärenergie und belasten nicht die Umwelt', so Schmitz, 'sie hätten daher einen hohen energetischen und volkswirtschaftlichen Nutzen. 'Wir müssen einfach umdenken', fordert er, 'wir müssen weg von den schwerfälligen Großkraftwerken hin zu dezentralen kleinen und flexiblen Anlagen, die sauberen Strom produzieren.' Dies würden sich langfristig rechnen, ist er sich sicher."

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