Mittwoch, 16. Dezember 2009

20 Euro Heizkosten für 200 Quadratmeter

Klimaschutz-Serie in den Verdener Nachrichten, von Johannes Heeg Formatierung für ausgewählten Text aufheben

"Verden. Bei der Weltklimakonferenz in Kopenhagen wird in diesen Tagen viel geredet. Weil Klimaschutz aber ohne Taten nicht funktioniert, haben wir uns in der Region umgesehen und mit Menschen gesprochen, die etwas in diesem Sinne tun. Das Thema heute: Wärmedämmung.

Wer den Energieverbrauch seines Altbaus und damit Heizkosten und CO2-Ausstoß senken will, muss erst mal Geld in die Hand nehmen, und zwar ziemlich viel. Dass sich die Investition dennoch lohnt, zeigt der Architekt Thomas Isselhard, Mitglied im Verdener Netzwerk Nachhaltiges Bauen e.V. am Beispiel des über 300 Jahre alten Verdener Domherrenhauses. Das Historische Museum ist nicht nur ein Baudenkmal, sondern auch ein Sanierungsfall. Die Außenhaut ist ziemlich dünn, so dass Museumsleiter Dr. Björn Emigholz rund 8000 Euro im Jahr für die Beheizung ausgeben muss - mit stark steigender Tendenz. Dank des Konjunkturpakets der Bundesregierung ist nun aber Abhilfe in Sicht: Das Haus an der Unteren Straße soll ein Energie-Musterknabe werden, ein Modellprojekt.

'Wir wollen die Heizkosten auf 40 Prozent senken', so Isselhard, der nach einer energetischen Bestandsaufnahme vorgeschlagen hat, die marode Heizung durch ein hocheffizientes Blockheizkraftwerk zu ersetzen, das gleichzeitig Wärme und Strom erzeugt und so den eingesetzten Brennstoff zu 90 Prozent nutzt. Zudem sollen die Außenwände von innen und Dach und Decken gedämmt und alle Fenster mit Einfachverglasung erneuert werden. 'Man sollte immer mit den Maßnahmen anfangen, die am meisten bringen', so Isselhard. 250000 Euro kostet die Maßnahme, für die im Januar der Startschuss fällt. 'Die Sache rechnet sich auf jeden Fall', sagt Emigholz. Laut Modellrechnung können durch die Sanierung 146000 Euro in 20 Jahren an Heizkosten eingespart werden.

Für private Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden in der Verdener Altstadt hat die Stadt Verden ein besonderes Förderprogramm aufgelegt - auch dies ein Modellprojekt, wie Fachbereichsleiterin Ulrike Zeidler betont. In der ersten Stufe eines Wettbewerbs bekommen sechs Hauseigentümer jeweils 1000 Euro als Zuschuss zu den Planungskosten. Damit werden konkrete Sanierungskonzepte gefördert, die für die Teilnahme an der zweiten Stufe des Wettbewerbes erforderlich sind.

Mit insgesamt 85000 Euro aus dem Konjunkturpaket will die Stadt die Umsetzung von drei bis fünf vorbildlichen Sanierungskonzepten für denkmalgeschützte Gebäude in der Verdener Altstadt unterstützen. Abgabeschluss für ein Sanierungskonzept als Wettbewerbsbeitrag ist der 15. Februar. Unter www.verden.de (Aktuelle Themen) sind die Wettbewerbsbedingungen und weitere Informationen zum Wettbewerb abrufbar. Das Netzwerk Nachhaltiges Bauen unterstützt den Wettbewerb und bietet dazu kostenlose Impulsberatungen an. Termine können mit dem Architekten Thomas Isselhard unter der Telefonnummer 04231/ 957555 vereinbart werden.

Dass sich Investitionen in Wärmedämmung und Klimaschutz rechnen, zeigt Isselhard auch am Beispiel eines alten Bauernhauses in Stedorf. 'Das haben wir energetisch auf Neubauniveau so saniert, dass der Gesamtenergiebedarf um 42 Prozent gesenkt wurde, wobei wir die typische Klinkerfassade erhalten haben', so Isselhard.

Für 100000 Euro seien ein Holzofen mit Warmwasseranschluss und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung eingebaut worden, Dach und Böden seien gedämmt, die Außenwände von innen isoliert worden. 'Das lohnt sich', sagt Isselhard, und rechnet vor: Bei einer jährlichen Gaspreissteigerung von zwölf Prozent würden die Bewohner in den nächsten 30 Jahren 1,2 Millionen Euro für Heizung und Warmwasser ausgeben, wenn sie ihr Haus nicht gedämmt hätten. Dank der Investition, die zudem noch das Raumklima verbessert und dem Umweltschutz dient, sparen sie im selben Zeitraum 700000 Euro an Energiekosten ein.

Billiger wird das Energiesparen, wenn man sich sowieso ein neues Haus bauen will. Isselhard berichtet von einem 200-Quadratmeter-Wohnhaus in Horn-Lehe, dessen Bewohner sage und schreibe gerade mal 20 Euro im Monat für Heizung und Warmwasser ausgeben - und das bei Baukosten von 1400 Euro pro Quadratmeter.

Durch die Holzrahmenkonstruktion des Passivhauses mit Zellulosedämmung und Lärchenholzschalung seien nachwachsende Rohstoffe zum Einsatz gekommen, die den Ressourcenverbrauch minimieren. 'Die Mehrkosten gegenüber dem vorgeschriebenen Standard betragen nur fünf Prozent', so Isselhard. Dafür geht er von einem Jahresheizwärmebedarf von umgerechnet 1,5 Liter Heizöl pro Jahr und Quadratmeter aus, 'das ist weniger als ein Euro pro Quadratmeter'.

Um die Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen - bis 2020 sollen die CO2-Emissionen mindestens um 20 Prozent reduziert werden - müsse aber vor allem in bestehende Gebäude investiert werden, so Isselhard. Bundesweit seien 75 Prozent des Gebäudebestandes vor 1980 errichtet worden. 'Der Energiebedarf im Gebäudebestand könnte bei umfangreicher Sanierung halbiert werden', sagt der Fachmann. Ein nicht zu verachtender Wirtschaftsfaktor für die regionale Bauwirtschaft: Allein für den Landkreis Verden beziffert er das jährliche Sanierungsvolumen auf 47 Millionen Euro.

Kräftig in Energiesparmaßnahmen investiert die Kreisbaugesellschaft. Für die Beheizung ihrer 1311 Mietwohnungen werden zwischen 75 und 250 Kilowattstunden Energie pro Quadratmeter und Jahr benötigt, der Durchschnitt liege bei 180 Kilowattstunden, was 18 Litern Heizöl entspricht. 'Wir haben uns erst mal die Wohnungen vorgenommen, die bei über 180 Kilowattstunden liegen', berichtet Olaf Heitkamp, der Geschäftsführer des kommunalen Wohnungsunternehmens.

Er hat örtliche Handwerksbetriebe beauftragt, die Häuser mit dicken Schaumstoffplatten 'einzupacken'. Zudem wurden alte, undichte Fenster gegen hochwärmegedämmte ausgetauscht und Kellerdecken isoliert. Für eine Million Euro hat die Kreisbau im vorigen Jahr etwa 30 Wohnungen energetisch saniert, wie das im Fachjargon heißt. Hauptsächlich am Lönsweg. Das Programm wurde in diesem Jahr fortgesetzt, allerdings mit verdoppeltem Mitteleinsatz: '2009 haben wir 2,1 Millionen Euro investiert', sagt Heitkamp, der unter anderem zinsgünstige Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau nutzt: 'Der Zins liegt bei 1,4 Prozent.' Saniert wurden weitere Wohnungen am Lönsweg sowie am Fritz-Reuter-Weg und Im Ohrt - insgesamt 75.

Zudem bleibe es dabei, dass die Kreisbau jedes Jahr rund eine Million Euro in die Instandhaltung ihrer Wohnungen investiere, 2010 seien 30 Häuser an der Allerstraße an der Reihe. 'Wir müssen das machen, wenn wir unsere Mieter halten wollen', sagt Heitkamp. Schließlich sei der Ölpreis im vorigen Jahr um 32 Prozent gestiegen und damit auch die 'zweite Miete', die Nebenkosten. Der Erfolg der Maßnahmen könne sich sehen lassen: 'In den sanierten Häusern ist der Verbrauch bis zu 40 Prozent heruntergegangen', resümiert Heitkamp. Zwar würden die Mieten nach der Sanierung - dem Mietspiegel entsprechend - angehoben, doch würden die monatlichen Abschläge für die Nebenkosten reduziert.

Weil Heitkamp auch beim Landkreis fürs Gebäudemanagement zuständig ist, weiß er auch über die Investitionen in kreiseigene Gebäude Bescheid. '2009 und 2010 geben wir 2,2 Millionen Euro aus, um an unseren Gymnasien, an der BBS und am Kreishaus die Energieeffizienz zu verbessern', sagt er. Unter anderem würden Heizungen und Dächer erneuert und an die tausend alte Fenster ausgetauscht. 'Dadurch sparen wir 10000 bis 15000 Euro jährlich an Energiekosten ein', so Heitkamp."

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