Sonntag, 19. April 2009

Solarstrom billig wie nie

Eine neue Technologie macht Solarstrom gegenüber Kohle- und Atomstrom auch ohne Förderung wettbewerbsfähig.
Von FOCUS-Redakteur Michael Odenwald

Solarstrom, sagen Kritiker, sei zu teuer und nur verkäuflich, weil er subventioniert wird. In Deutschland geschieht dies mittels einer gesetzlich vorgeschriebenen Einspeisevergütung von derzeit 43,01 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Kohle- und Kernkraftwerke können Strom dagegen für etwa 5,5 bis sieben Cent pro kWh liefern, Verbraucher zahlen dafür knapp 20 Cent.

Mit diesem Preis dürfte der Strom aus Sonnenzellen jedoch bald gleichziehen. Dann wäre die „Netzparität“ erreicht – das heißt, dass Solarenergie dann gegenüber dem Netzstrom auch ohne Förderung konkurrenzfähig ist.

Neue Schichttechnologie führt zum Erfolg

Den Durchbruch verdankt die Branche der Dünnschichttechnologie, die eine drastische Senkung der Produktionskosten von Solarmodulen bewirkt. Herkömmliche Sonnenzellen werden aus Siliziumblöcken geschnitten. Bei Dünnschichtmodulen wird das Halbleitermaterial, das Sonnenlicht in Strom verwandelt, dagegen auf Glasplatten aufgedampft. Um die gleiche Energiemenge zu erzeugen, benötigen sie nur ein bis zwei Prozent des Materials kristalliner Zellen.

Weltweit führender Hersteller von Dünnschichtmodulen ist die US-Firma First Solar. Sie produziert seit 2004 in den USA, 2007 nahm sie ein Werk in Frankfurt (Oder) in Betrieb, 2008 eines in Malaysia. Das Maß für die Produktionskapazität einer Solarfabrik ist die elektrische Leistung aller pro Jahr gefertigten Module. Bis 2008 hatten die First-Solar-Werke knapp 500 Megawatt (MW) erreicht. In diesem Jahr sollen es 1000 MW werden, das entspricht der Leistung eines Kernkraftwerks. „Die Produktionsmenge spielt bei der Kostensenkung eine große Rolle“, erklärt Stephan Hansen, Geschäftsführer von First Solar in Deutschland. „Vor allem aber konnten wir den Herstellungsprozess optimieren.“

Niedrige Herstellungskosten

Die Module werden in einer integrierten Fertigung in einem Durchlauf erzeugt, Halbleitermaterial ist Cadmiumtellurid. Hansen: „Dies geht schneller als bei Silizium mit seinen drei Produktionsschritten, wir brauchen weniger Inventar und haben so die geringsten Kapitalkosten pro Watt.“ Das Resultat ist eine beeindruckende Senkung der Herstellungskosten: Lagen sie im ersten Quartal 2006 bei 1,60 US-Dollar pro Watt, waren es Ende 2008 gerade noch 0,98 Dollar. Erstmals sei nun die symbolische Grenze von einem Dollar unterschritten, meldete First Solar stolz.

Damit rückt die Netzparität in Reichweite. „Am ehesten werden wir sie in südlichen Ländern wie Italien erreichen. Dort kostet der Strom 15 bis 20 Cent pro kWh“, konstatiert Hansen. „Damit könnten wir zwischen 2010 und 2012 konkurrieren.“ Im sonnenärmeren Deutschland seien die Endkundenpreise ab 2012 erreichbar.

Teuer gibt´s nicht

In den USA steht der Gleichstand bereits unmittelbar bevor. In einem 12,6-MW-Photovoltaik-Kraftwerk, das die Firma Sempra Generation in Nevada in Betrieb nahm, erzeugen First-Solar-Module den Strom. Die Kosten dafür könnten, wie die Fachzeitschrift „Photon“ berichtet, auf 7,5 US-Cent sinken. Dies sei „die billigste Solarenergie, die jemals geliefert wurde“, die Wettbewerbsfähigkeit mit konventionellen Kraftwerken werde nun erreicht.
Auch Dünnschichtzellen auf Silizium-Basis können günstig Strom erzeugen. Die deutsche Firma Centrotherm entwarf eine Produktionsanlage für Solarmodule, die kaum mehr als einen Euro pro Watt kosten. Das Argument vom teuren Sonnenstrom hat demnächst ganz offensichtlich ausgedient.

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